Welcome to my new life, my second life! I hope you will enjoy discovering China together with me!

Montag, 1. Dezember 2008

2.Oktober

Um 9:00 Uhr stehen Carl und der Mathelehrer vor meiner Tür, denn M. will jetzt abends und morgens Unterricht kriegen. Dann muss ihm wohl unser Unterricht gefallen.

Es war ziemlich anstrengend zu unterrichten, wenn man nichts vorbereitet hat. Und noch kann ich mir nicht vorstellen, wie wir die Kinder ganz ohne chinesische Übersetzung Englisch lehren werden. Jede Erklärung wird zur riesigen Hürde! Also viel Geduld!



Herr Hahl ist zu Besuch. (Herr Hahl ist der Mann von Frau Qian und für die ersten Monate unsere Ansprechperson)
Zusammen mit der Dolmetscherin und noch drei anderen. Ganz oben im Gebäude befindet sich ein erstaunlich teuer eingerichteter Konferenzraum, der sehr im Kontrast mit der übrigen Ausstattung der Schule steht.
Wieder lässt der Schulleiter die ärmlichen Wohnbedingungen entschuldigen. Ich kann immer noch nicht ganz glauben, dass ich mein eigenes Zimmer habe, dieses abschließen kann und sogar Möbel darin stehen. Hope for the best.
Expect the worst.
And take what comes.

Mit diesem Gedanken bin ich nach China gekommen. Ich hatte auf ein Zimmer gehofft, auf so eines wie ich jetzt bekommen habe. Ich hatte mit einer Hütte ohne Tür, geteilt mit anderen, gerechnet. Ich habe mehr, als ich erwartete.

Über das Aufladen meiner Handy- PreePaid- Card werden fünfzehn Minuten diskutiert...

Es weht ein kräftiger Wind bei einer angenehm warmen Temperatur. Ich genieße die Luft auf meinem Gesicht, lasse den Wind durch mein Haar fahren... das erinnert mich an den Ostseewind.
Wind, Wind, Wind ich bin süchtig nach dir!
Streue ruhig Sand auf meine Notenzettel, wenn ich vor Carls Zimmer auf dem Boden Gitarre spiele.
Lass mich die Alkoholfahne der Männer, die auf uns zukommen, schon von weitem riechen. Heute ist der Nationale Feiertag. Heute trinkt man pijiu und baijiu, Bier und Schnaps.

Gegenüber von der Schule verkaufen mehrere kleine Läden Süßigkeiten, Getränke und Fertiggerichte. In einem dieser Läden, kann man für drei Yuan eine Schüssel Nudeln essen. Hier werde ich in dem kommenden Jahr oft einkehren. Der Laden ist nicht viel größer als mein Zimmer, aber er ist Gemischtwarenladen, Restaurant, Fernseh- , Wohnraum und Schlafstätte gleichzeitig.

Die Hunde, die niemandem gehören, stehen wartend auf der Türschwelle. Ab und an werden ihnen Essensreste zu geworfen. Doch kommt nur nicht zu nah, dann treten wir nach euch! Der Ausspruch „reudige Köter“ passt zu diesen armen Kreaturen . Meine Hundeliebe, die in Deutschland noch in mir flammte, ist hier erloschen. Nachts, wenn man sich erleichtern möchte, streichen sie lauernd um einen herum, wie Wölfe. Man hat uns vor ihren Bissen gewarnt.
Ihr Fleisch soll sehr gut schmecken und einen kalten, kraftlosen Körper wärmen und stärken.

Der Mathelehrer ist völlig betrunken und seine englischen Wörter kaum zu verstehen. Heute ist der Unterricht für die Katz, wir machen früher Schluss.

Gegen Abend machen wir zu dritt einen kleinen Spaziergang an der einzigen Straße entlang. Die meisten Leute denen wir begegnen, kennt der Mathelehrer und stellt uns jedem seiner Freunde vor. Er scheint ein bisschen angeben zu wollen, der Gute.
Während wir so dahin spatzieren lehrt er mich chinesische Worte. Carl hat nach eigener Aussage bereits aufgegeben, dieser Sprache je Herr zu werden.


(Solche Schilder hängen in der ganzen Schule. Albert Einstein wird auch auf einem zitiert.)


Der Schulleiter höchst persönlich bringt mir Pancakes zum Frühstück an meine Zimmertür.

In Fu Gong gebe ich einen Brief an meine Familie auf. Das Aufladen meiner Telefonkarte dauert lächerliche dreißig Minuten. Wozu diese Eile?

Jonny kocht Mittag- und Abendessen für uns. Nudeln mit Fleisch und Gemüse, sehr lecker!


3.Oktober

Wenn ich morgens aufwache und aus meinem Fenster blicke, sehe ich die Wolken, wie sie sich um meine Berggipfel gelegt haben. Manchmal sieht man die Bergspitzen nicht mehr, manchmal scheinen die Wolken auf des Berges halber Höhe hängen geblieben zu sein, umschleiern den Hals der Berge wie ein weicher Seidenschal.
Auf dem Schulhof schwimmen große Blätter in den Pfützen. Auch heute soll es wieder regnen.




4. Oktober

"Stone Hole" (das kleine Loch in der Bergspitze)


Es war einmal vor sehr sehr langer Zeit, da lebte eine Jäger in den Bergen am Nu Jiang.
Er lebte und jagte stets allein und hatte sich nie mit anderen Menschen in Bekanntschaft begeben. Aber eines Tages sah er die Frauen unten am Flussufer auf den Reisfelder arbeiten. Und auf eine von ihnen fiel sein Blick und blieb an ihr hängen. So kam er jeden Tag hinunter zu den Feldern, um sein Mädchen anzuschauen. Seine Anwesenheit blieb nicht unbemerkt. Und auch nicht, dass sein Interesse nur der einen galt. Diese erwiderte seinen Blick, kam aber nie herüber, denn das tat man nicht.
Eines Tages, man war gerade dabei den Reis zu ernten, regnete es, wie es noch nie zuvor geregnet hatte. Und die Ufer des Nu Jiang schwollen an und der Wasserspiegel stieg sehr schnell immer höher und höher. Die Frauen mussten sich in Sicherheit bringen und liefen die Berge hinauf zu ihren Hütten. Diese Gelegenheit ließ sich die Angebetete nicht entgehen, ihren Beobachter aus der Nähe zu betrachten. Denn auch an diesem Tag war unser einsamer Jäger wieder aus den Bergen zu den Feldern hinuntergekommen.
Und während sie sich bekannt machten vergaßen sie die Zeit und auch den Nu Jiang der nun bedrohlich nahe den beiden gekommen war. Da nahm der Jäger sein Mädchen auf seine starken Arme und trug sie den Berg hinauf. Aber das Wasser stieg jetzt immer schneller und sie mussten immer weiter in die Höhe. Die Flut jedoch wollte überhaupt nicht mehr nachlassen. Bald waren sie an der höchsten Stelle des Berges angelangt und konnten nun nicht mehr weiter, da vor ihnen ein steiler Fels emporwuchs, der nicht zu überwinden war. Da nahm der Jäger seine Axt und schleuderte sie mit aller Kraft gegen den unbezwingbaren Fels. Durch dies so entstandene Loch konnten er nun sich und sein Mädchen in Sicherheit bringen. Und sie lebten glücklich zusammen bis an ihr Lebensende. Das „Stone Hole“ blieb bis heute bestehen und erinnert die Menschen an die Kräfte des Nu Jiang, aber auch an die Kraft der Liebe.

(Das ist eine von vielen Versionen, Jonny hat sie uns erzählt.)




Anpeng und ich am "Stone Hole" Aussichtspunkt:


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